Weihnachtsbotscaft Seiner Eminenz, Des Metropolit Athenagoras von Belgien Exarch der Niederlande und von Luxemburg
WEIHNACHTEN 2025
Lfd. Nr. 1035/2025
Liebe Brüder und Schwestern in Christus,
„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen guten Willens.“
Wir leben in einer Zeit tiefer Angst und moralischen Verfalls. Kriege verwüsten weiterhin Nationen, sinnlose Gewalt breitet sich aus, und Fanatismus und Populismus untergraben die Grundpfeiler von Wahrheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde. Während die Menschheit den Tod zu verdrängen sucht, häuft sie gleichzeitig die Mittel an, die die Selbstzerstörung der Menschheit ermöglichen. Die Logik der Macht verdrängt die des Dienens, und viele fühlen sich nicht wahrgenommen, entwurzelt und sinnlos.
Diese äußere Krise spiegelt eine innere, spirituelle Krise wider. Wenn die Seele vernachlässigt wird, irrt sie in der Dunkelheit umher und sucht nach Zärtlichkeit, Wärme und wahrer Schönheit. In dieser Leere suchen manche nach Wahrheit, während andere in einem verzweifelten Versuch, den existenziellen Schmerz zu betäuben, durch Drogenkonsum oder gar Suizid der Realität entfliehen wollen.
Der Tod fasziniert die Menschen, weil sie sich nach Ewigkeit sehnen und glauben, dort nur das Nichts vorzufinden. Tief in ihrem Inneren treibt sie eine tiefe Liebe an, der Wunsch nach Ganzheitlichkeit und Verbundenheit. Doch diese Liebe kollidiert mit der Realität des Todes und droht, in Selbsthass und Feindseligkeit gegenüber anderen umzuschlagen. Es gibt viele Formen der Verzweiflung, oft verborgen, manchmal offenkundig, aber immer offenbaren sie den unerfüllten Wunsch nach Leben.
Und dann kommt Weihnachten: das Geheimnis der Menschwerdung. Gott unter uns, Gott mit uns, Gott in uns. Gott, der uns selbst im Tod und selbst in den Tiefen der Hölle begegnet. Die christliche Ikonographie drückt dies eindrücklich aus: Man sieht, wie dunkel die Höhle der Geburt ist und wie die Windeln, die das Kind umhüllen, an die Leichentücher des Verstorbenen am Karfreitag erinnern. Schon in der Krippe ist das Kreuz erkennbar.
Wir kennen das genaue Geburtsdatum Christi nicht. Die Kirche hat das Weihnachtsfest auf den 25. Dezember festgelegt, gemäß einer tiefgründigen kosmischen Symbolik: Gott kommt zu uns in der längsten Nacht, wenn wir fürchten, dass die Dunkelheit alles verschlingen wird. Gerade dann, in einer von Nacht und Tod geprägten Welt, erscheint Gott. Nicht länger als ein ferner und unerreichbarer Gott, sondern als der Gott, der uns nahe ist, der Gott, der für uns Mensch geworden ist.
Er kommt im Tod, um den Tod zu besiegen; er kommt in der Nacht, um die Nacht zu besiegen. Das Licht, das die Hirten umhüllt, kündigt bereits das Licht von Ostern an. Er ist Immanuel, Gott mit uns, der leidende Messias, der von den Toten auferstand und auch uns auferweckt.
So tritt eine weitere Kraft in die Welt: eine Kraft, die von anderswoher kommt und nicht den Gesetzen dieser Welt unterworfen ist. Eine Kraft, die reine Güte, Vergebung, Barmherzigkeit, Zärtlichkeit, leuchtende und schöpferische Liebe ist – das Leben Gottes selbst, das in Christus zum Leben der Menschheit wird. In Christus dringt Gott in das Herz der Menschheit ein; er stellt sich für immer zwischen uns und das Nichts; er kämpft mit uns und für uns gegen den Tod.
Wir, meine Brüder und Schwestern, sind aufgerufen, dieses Kind willkommen zu heißen, für das „in der Herberge kein Platz war“. Wir sind aufgerufen, unsere Herzen für dieses Gotteskind zu öffnen und es heute in unsere Herzen aufzunehmen, indem wir die Eucharistie empfangen: diesen Samen des Lebens, der berufen ist zu wachsen und Frucht zu bringen. Und diese Frucht, so sagt der Apostel Paulus, ist „Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung“ (Gal 5,22–23).
Was von uns im tiefsten Inneren verlangt wird, meine Brüder und Schwestern, ist vielleicht das Schwierigste von allem: anzunehmen, dass wir geliebt werden. Denn zu oft sind wir gleichgültig oder misstrauisch geworden, manchmal sogar innerlich rebellisch. Doch nur wenn wir uns der Liebe öffnen, kann Gott, der die Liebe ist, durch uns lieben.
Deshalb, meine Brüder und Schwestern, lasst uns beten, dass wir in dieser Welt des Leidens treuere Zeugen des Evangeliums, der Guten Nachricht, sein mögen: Gott ist jetzt bei uns, Er ist uns viel näher als wir selbst es sind.
Wir freuen uns darauf, viele von Euch am Sonntag, den 11. Januar um 16 Uhr in unserer Kathedrale zur Vesper und zur Segnung des Basiliusbrotes begrüßen zu dürfen.
Ich bete, dass die Freude über diese Geburt Eure Herzen mit Dankbarkeit gegenüber Gott erfüllt, für alles, was Er für uns tut, zuallererst für die Liebe, die Er uns schenkt, indem Er seinen Sohn in unsere Welt sandte.
Mit meinem väterlichen Segen und viel Liebe.
Gegeben in Brüssel, am Sitz der Metropolie, Weihnachten 2025
Metropolit Athenagoras von Belgien Exarch der Niederlande und von Luxemburg