Weihnachtsbotschaft des Ökumenischen Patriarchen
Protokollnummer: 977
Weihnachtsbotschaft des Ökumenischen Patriarchen
+ B A R T H O L O M A I O S
durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,
und Ökumenischer Patriarch
allem Volk der Kirche Gnade, Erbarmen und Friede
von Christus, unserem in Bethlehem geborenen Erlöser
Ehrwürdige Mitbrüder im Bischofsamt und im Herrn geliebte Kinder,
Wieder werden wir gewürdigt, das große Fest der Fleischwerdung des Sohnes und Logos Gottes zu feiern, und verherrlichen die „unaussprechliche und unbegreifliche Herablassung“ des Erlösers des Menschengeschlechtes und Befreiers der gesamten Schöpfung von der Verderbnis. Gemeinsam mit den Engeln rufen wir aus: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen Wohlgefallen.“
Christus offenbarte sich als „Emmanuel“, als „Gott mit uns“ und „für uns“, als der Gott, der jedem von uns nahe ist, „uns näher als wir uns selbst“. Der dem Vater „Wesensgleiche“, der vor aller Zeit ist, wie es das Erste Ökumenische Konzil von Nizäa – dessen 1700. Jubiläum in diesem Jahr in würdiger Weise in der christlichen Welt begangen wurde – im Dogma formuliert hat, „wird seinem eigenen Geschöpf gleich“, indem Er aus dem Heiligen Geist und der Jungfrau Maria Fleisch annimmt, „damit Er die Menschen zu Göttern mache“.
Das Festlied der Geburt Christi verkündet, dass die Geburt des Herrn „der Welt das Licht der Erkenntnis aufgehen ließ“, dass sie den „transzendenten und universalen Sinn“ des Lebens und der Geschichte offenbarte; die Wahrheit nämlich, dass allein der christliche Glaube die tiefsten Suchbewegungen des Geistes und den Durst des Herzens vollkommen zu stillen vermag und dass „in keinem anderen das Heil zu finden ist“ als in Christus. Seitdem wird die „Erkenntnis, die aufbläht“, gemessen am Wort des Herrn: „Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch befreien.“
Das Ereignis der Menschwerdung, das höher ist als alle Vernunft, wird geistig im Leben der Gläubigen erfahren und stets neu verwirklicht von denen, die die Erscheinung des Erlösers Christus lieben. Der heilige Maximos der Bekenner schreibt: „Der Logos Gottes, der ein für alle Mal dem Fleisch nach geboren wurde, wird immerdar geistig geboren aus Menschenliebe in denen, die es wollen.“
In diesem Sinn führt uns das Fest der Geburt Christi – der Fleischwerdung Gottes und der Vergöttlichung des Menschen aus Gnade – nicht einfach zu einem Ereignis der Vergangenheit zurück, sondern richtet uns auf die „künftige Stadt“ aus, auf das ewige Reich des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
In einer Welt, in der Kriegslärm und das Klirren der Waffen ertönen, erschallt die Engelsbotschaft „Friede auf Erden“. Die Stimme des Herrn preist die „Friedensstifter“, und Seine Heilige Kirche betet in der Göttlichen Liturgie „für den Frieden von oben“ und „für den Frieden der ganzen Welt“.
Der wahre Glaube an den lebendigen Gott stärkt den Kampf für Frieden und Gerechtigkeit, auch wenn dieser Kampf vor menschlich unüberwindbaren Hindernissen steht. Wie es in der inspirierten Botschaft des Heiligen und Großen Konzils der Orthodoxen Kirche – dessen zehnjähriges Jubiläum wir im kommenden Jahr feiern werden – heißt: „Das Öl der religiösen Erfahrung muss verwendet werden, um Wunden zu heilen, anstatt das Feuer kriegerischer Auseinandersetzungen neu zu entfachen“.
Das Evangelium des Friedens betrifft uns Christen in besonderem Maß. Wir halten Gleichgültigkeit gegenüber der Spaltung des Christentums für unzulässig – besonders dann, wenn diese Spaltung von Fundamentalismus und von einer ausdrücklichen Ablehnung der innerchristlichen Dialoge, deren letztliches Ziel die Überwindung der Trennung und die Erlangung der Einheit ist, begleitet wird. Die Pflicht zum Einsatz für die christliche Einheit ist unverhandelbar. Der jungen Generation der Christen fällt die Verantwortung zu, die Bemühungen der Pioniere der ökumenischen Bewegung fortzusetzen und ihre Visionen und Mühen zu rechtfertigen.
Wir gehören Christus an, der „unser Friede“ und unsere „vollkommene Freude“ in unserem Leben ist, das „Wohlgefallen“, das aus der Gewissheit entspringt, dass „die Wahrheit gekommen“ und „der Schatten gewichen“ ist, dass die Liebe stärker ist als der Hass und das Leben stärker als der Tod, dass das Böse nicht das letzte Wort hat im Leben der Welt, das von Christus – der „gestern, heute und in Ewigkeit derselbe ist“, gelenkt wird. Dieser Glaube muss leuchten und sichtbar werden in der Art und Weise, wie wir Weihnachten und die anderen Feste der Kirche feiern. Die gottgefällige Feier der Gläubigen muss Zeugnis geben von der verwandelnden Kraft des Glaubens an Christus in unserem Leben, eine Zeit des Wohlgefallens und der geistigen Freude sein, und die Erfahrung jener unaussprechlichen „großen Freude“, die ein „Synonym für das Evangelium“ ist.
Hochwürdigste Brüder und geliebte Kinder,
Im Jahr 2026 ehrt die Große Kirche Christi, das Ökumenische Patriarchat, den 1400. Jahrestag des 7. August 626, an dem der Akathistos-Hymnus „stehend“ gesungen wurde; dies geschah während der Vigil in der Panagia-Kirche von Blachernai, als Ausdruck des Dankes an die Allheilige Gottesgebärerin für die Rettung der Stadt vor einer feindlichen Belagerung. Zu diesem historischen Jubiläum wird das Jahrbuch des Ökumenischen Patriarchats für 2026 dem Gedenken an dieses bedeutende Ereignis gewidmet – an ein Ereignis, das mit unserer Tradition und Identität, die aufs Engste mit der Verehrung der allzeitseligen, reinen Mutter unseres Gottes und unüberwindbaren Beschützerin unseres Volkes verwoben ist, untrennbar und tief verbunden ist.
In diesem Geist beugen wir das Knie vor der Gottesmutter, die das göttliche Kind trägt, und beten den Logos Gottes an, der unsere Natur angenommen hat. Wir wünschen euch allen Seinen Segen für die Heiligen Zwölf Tage und für den neuen Jahreskreis Seiner Güte, reich an guten Werken und erfüllt mit göttlichen Gaben. Ihm gebührt alle Ehre, Herrlichkeit und Anbetung, jetzt und allezeit und in alle Ewigkeit. Amen!
Weihnachten 2025
+ Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel, Euer aller inständiger Fürbitter bei Gott